Wer geschäftlich in Deutschland tätig ist, kommt am Handelsregister nicht vorbei. Dieses öffentlich geführte Register wird beim örtlich zuständigen Amtsgericht geführt und legt die zentralen Rechtsverhältnisse eines Unternehmens offen. Es bietet damit Rechtssicherheit, denn Dritte dürfen darauf vertrauen, dass eingetragene Informationen stimmen und fehlende Eintragungen bedeutsam sind. Zugleich regelt § 15 HGB, in welchem Umfang das Register Vertrauen schützt – ein Regelungskomplex, der in Beratungsgesprächen unserer Kanzlei Hobohm Natalello Giloth in Mainz und Alzey regelmäßig eine entscheidende Rolle spielt.
Das Handelsregister ist zweigeteilt: Abteilung A dokumentiert Einzelkaufleute, offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, also Personengesellschaften; Abteilung B erfasst Kapitalgesellschaften. Viele Registereintragungen sind lediglich deklaratorisch – sie bestätigen eine bereits bestehende Rechtslage. Konstitutive Eintragungen, etwa die Gründung einer GmbH oder AG, schaffen hingegen erst die rechtliche Existenz. Bei Personengesellschaften wie OHG oder KG entstehen Innen- und Außenverhältnis zu unterschiedlichen Zeitpunkten: Intern bindet bereits der Gesellschaftsvertrag, nach außen greift der Schutz des Registers erst mit Eintragung oder dem vorangehenden Geschäftsbeginn.
Eintragungen müssen schriftlich erfolgen; die Unterschrift ist notariell zu beglaubigen. Die Vollmacht zur Anmeldung bedarf ihrerseits derselben Form. Seit 2007 führen sämtliche Registergerichte das Handelsregister ausschließlich elektronisch, abrufbar unter www.handelsregister.de. Der Begriff „Handelsregister“ ist gesetzlich geschützt; alternative Datenbanken dürfen sich dieses Namens nicht bedienen.
Die dreifache Publizitätswirkung des § 15 HGB
Negative Publizität (§ 15 Abs. 1 HGB)
Ist eine einzutragende Tatsache nicht veröffentlicht worden, kann sie Dritten nicht entgegengehalten werden, sofern diese sie nicht kannten. Wurde beispielsweise eine Prokura widerrufen, ohne dass deren Löschung im Register erschien, darf der Geschäftsherr einem gutgläubigen Vertragspartner nicht entgegenhalten, die Vollmacht sei erloschen. Umstritten bleibt der Fall der „sekundären Unrichtigkeit“: Hat das Register nie verlautbart, dass eine Prokura bestand, lässt die höchstrichterliche Rechtsprechung zu, dass der Dritte trotz fehlender Ersteintragung geschützt wird, solange keine Gegeneintragung erfolgt.
Positive Publizität (§ 15 Abs. 2 HGB)
Ist eine Tatsache ordnungsgemäß eingetragen und bekanntgemacht, muss sie jeder gegen sich gelten lassen. Allerdings gewährt das Gesetz eine Schonfrist von 15 Tagen seit Bekanntmachung, falls der Dritte nachweislich keine Kenntnis hatte und auch nicht haben musste – eine wichtige Erleichterung bei großem Registerverkehr.
Fiktive Richtigkeit (§ 15 Abs. 3 HGB)
Besonders brisant ist die Publizität falscher Eintragungen. Sind Eintragung oder Veröffentlichung unrichtig, kann sich ein gutgläubiger Dritter auf den Registerinhalt berufen, sofern das Unternehmen die Unrichtigkeit zurechenbar veranlasst hat. Stünde etwa irrtümlich der Fahrer eines Logistikunternehmens als Prokurist im Register und schlösse dieser Verträge, wären die Geschäfte dem Unternehmen zuzurechnen, wenn es den Registerfehler mitverursacht hat.
Rechtsschein außerhalb des Registers
Registrierte Informationen sind nicht das einzige Haftungsrisiko. Wer den Anschein erweckt, Kaufmann zu sein oder eine bestimmte Gesellschaftsform innezuhaben, muss sich an diesem Rechtsschein festhalten lassen. Voraussetzung sind ein zurechenbarer Rechtsscheingrund, die Gutgläubigkeit des Vertragspartners und dessen kausales Vertrauen. Folgen sind weitreichend: Der Scheinkaufmann behandelt sich nach HGB-Vorschriften; der vermeintliche Gesellschafter haftet wie ein echter Partner einer OHG. Der Bundesgerichtshof gestattet dem gutgläubigen Gläubiger sogar, zwischen fingierter und tatsächlicher Rechtslage das für ihn vorteilhafte Ergebnis zu wählen – ein gewichtiger Anreiz zur klaren und konsistenten Außendarstellung.
Besonders heikel wird die Lage, wenn ein ordnungsgemäßer Registereintrag mit einem widersprüchlichen Rechtsschein kollidiert. Wer nach Umwandlung in eine GmbH den GmbH-Zusatz auf Geschäftsbriefen weglässt, setzt einen gefährlichen Rechtsschein: Trotz korrekter Registerpublizität kann er persönlich haften, wenn Vertragspartner zurecht davon ausgehen, mit einem Einzelkaufmann zu kontrahieren.
Praxistipps für Unternehmer
- Registerpflege: Änderungen der Firma, der Gesellschafterstruktur oder der Vertretungsmacht sollten unverzüglich angemeldet werden, um negative Publizität zu vermeiden.
- Dokumentenkonsistenz: Geschäftsbriefe, Internetauftritt und Rechnungen müssen den Registerangaben entsprechen. Fehlende Rechtsformzusätze sind ein häufiger Haftungstrigger.
- Gesellschaftsform überprüfen: Überschreitet eine GbR die Schwelle zum Handelsgewerbe, wandelt sie sich automatisch in eine OHG – mitsamt unbeschränkter Haftung der Gesellschafter. Frühzeitige Beratung spart Kosten.
- Scheinlagen meiden: Wer ohne Eintragung als Kaufmann auftritt oder unzutreffende Titel führt, öffnet Tür und Tor für Rechtsscheinhaftung.
Fazit
Das Handelsregister ist mehr als eine Datenbank – es ist ein zentrales Instrument der Rechtssicherheit im Wirtschaftsleben. Seine Publizitätswirkung schützt den Vertrauensverkehr, kann aber ebenso strenge Folgen für Unternehmen haben, die Registerpflichten vernachlässigen oder einen irreführenden Rechtsschein setzen. Eine laufende rechtliche Begleitung stellt sicher, dass Formvorschriften eingehalten, Risiken minimiert und die Haftung beherrschbar bleibt. Unsere auf Handels- und Gesellschaftsrecht spezialisierte Kanzlei Hobohm Natalello Giloth unterstützt Sie dabei, Ihre Eintragungen korrekt vorzunehmen, Rechtsscheingefahren zu erkennen und durch vorausschauende Gestaltung Ihren unternehmerischen Handlungsspielraum zu sichern.
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