Sukzessiver Anteilskauf bei Familienunternehmen

Sukzessiver Anteilskauf bei Familienunternehmen: Chancen, Mechanismen und steuerliche Vorteile

Ein umfassender Praxisbericht von RA Dr. Natalello aus Mainz im Zusammenhang mit einer aktuellen Unternehmensübernahme

Einleitung: Familienunternehmen im Wandel – wie moderne Vertragsgestaltung Nachfolge und Steueroptimierung verbindet

Die Nachfolge in Familienunternehmen ist eines der sensibelsten und zugleich strategisch wichtigsten Themen in der Unternehmenspraxis. Die Kanzlei HNG Natalello begleitet seit Jahren ihren Mandant*innen dabei, Unternehmenswerte über Generationen hinweg zu sichern und dabei rechtliche, wirtschaftliche sowie steuerliche Fallstricke zu umgehen. Im jüngsten Fall stand die Übertragung von Anteilen an Familienangehörige im Zentrum – und zwar nicht als einmaliger Verkauf, sondern als sukzessiver Anteilskauf über viele Jahre. Der folgende Beitrag bietet einen tiefgehenden Einblick in die Mechanismen, Beweggründe und steuerlichen Vorteile dieses Ansatzes und zeigt, wie eine kluge Vertragsgestaltung im Sinne der Familie und des Unternehmens funktioniert.

Der Hintergrund: Nachfolgeplanung im Familienkreis und Herausforderungen beim klassischen Anteilsverkauf

Die Übergabe von Unternehmensanteilen an Familienmitglieder ist oft geprägt von emotionalen und steuerlichen Fragen. Häufig wird der direkte Verkauf gewählt – etwa, indem der Käufer (oft ein Sohn, eine Tochter, eine Enkelperson) ein Darlehen vom Übergebenden erhält, um den Kaufpreis zu finanzieren. Das Problem: Mit dem Vollzug des Verkaufs entsteht für den Verkäufer sofort eine Steuerlast, insbesondere wenn der Kaufpreis vollständig bezahlt wird oder der Verkauf erst mit Tilgung des Darlehens steuerlich als vollzogen gilt. Die Steuer fällt also für den gesamten Anteilswert auf einen Schlag an – unabhängig davon, wann und wie das Unternehmen tatsächlich weitergeführt wird.

Warum ein sukzessiver Anteilskauf? Vorteile gegenüber dem klassischen Modell

Im aktuellen Fall wurde daher ein sukzessiver Anteilskauf gewählt. Diese Lösung erwies sich im Einzelfall aus mehreren Gründen als die optimale Strategie:

  • Steuerliche Flexibilität: Die Besteuerung erfolgt nur für den tatsächlich übertragenen Anteil im jeweiligen Jahr, nicht für den gesamten Unternehmenswert auf einmal. Das verschafft sowohl dem Verkäufer als auch dem Käufer*innen wertvolle Planungssicherheit und verhindert eine erdrückende Steuerlast unmittelbar nach Vertragsabschluss.
  • Vermeidung unnötiger Liquiditätsbelastung: Gerade bei Familienunternehmen ist der Kaufpreis für die nächste Generation meist nicht sofort aufbringbar. Durch die jährliche Übertragung und die Möglichkeit der Ratenzahlung pro Anteil musste keine große Finanzierungslast auf einmal gestemmt werden. Das Unternehmen blieb finanziell flexibel.
  • Erhalt unternehmerischer Kontrolle und Familienfrieden: Der Verkäufer blieb bis zur endgültigen Übertragung aller Anteile weiterhin Gesellschafter und konnte die Entwicklung des Unternehmens begleiten. Gleichzeitig konnte ein sanfter Generationswechsel vollzogen werden, was Konflikte und Unsicherheiten in der Familie minimierte.
  • Steuerliche Optimierung und Nutzung von Freibeträgen: Die jährlichen Übertragungen eröffneten die Möglichkeit, persönliche Freibeträge optimal zu nutzen und die Auswirkungen der Steuerprogression zu strecken. So konnten steuerliche Belastungen nicht nur gemindert, sondern auch gezielt im Sinne der Familie gestaltet werden.
  • Individuelle Anpassbarkeit: Die Vertragsstruktur erlaubte es, auf unvorhergesehene Entwicklungen zu reagieren – etwa, falls sich die familiäre oder wirtschaftliche Situation änderte. Der Prozess war flexibel genug, um jederzeit angepasst oder neu verhandelt zu werden.

Gerade in diesem Einzelfall – Übertragung an Familienangehörige mit langfristiger Nachfolgeplanung, begrenzten finanziellen Möglichkeiten und Wunsch nach steuerlich optimierter Gestaltung – war der sukzessive Anteilskauf die richtige und maßgeschneiderte Lösung. Er bot die ideale Balance zwischen Sicherheit, Liquidität, Steuervorteil und Wahrung des Familienfriedens.

Die Vertragsstruktur: Schrittweise Anteilsübertragung durch sukzessiven Kaufvertrag

Kernstück des gewählten Modells ist ein sukzessiver Kaufvertrag, der die jährliche Übertragung vorab festlegt. Die Konditionen werden im Detail geregelt: Zeitpunkt und Umfang der Übertragung, Kaufpreis je Anteil, Zahlungsmodalitäten, Sicherheiten und Haftung. Die Praxis zeigt, dass eine solche Vertragsgestaltung höchsten rechtlichen Anforderungen genügen muss – insbesondere bei Familienunternehmen, wo Gesellschafterrechte, Stimmverhältnisse und Mitwirkungspflichten in der Satzung fest verankert sind.

  • Die Übertragung erfolgt jeweils zum 1. Januar eines jeden Jahres.
  • Der Kaufpreis für den Jahresanteil wird in monatlichen Raten entrichtet, so dass die Liquiditätsbelastung für den Käufer tragbar bleibt.
  • Die Eintragung in der Gesellschafterliste erfolgt nach jedem Teilübergang und stellt für das Register die Rechtsnachfolge sicher.

Steuerliche Implikationen: Die zivilrechtliche und steuerliche Entkopplung

Ein entscheidender Vorteil des sukzessiven Anteilskaufs liegt in der Entkopplung von zivilrechtlichem Vertrag und steuerrechtlicher Erfassung. Nach Auffassung der Finanzbehörden entsteht die Steuerpflicht erst mit tatsächlichem Übergang der einzelnen Anteile (§39 AO). Das bedeutet, dass die Verkäufer*innen für den noch nicht übertragenen Anteil keine Steuer zahlen – im Gegensatz zum sofortigen Komplettverkauf. Die jährlichen Übertragungen ermöglichen eine steuerliche Planung über viele Jahre hinweg und berücksichtigen persönliche Freibeträge, Progressionseffekte und die individuelle Liquiditätssituation.

  • Keine sofortige Gesamtbesteuerung: Anders als beim Verkauf mit Darlehensgewährung wird nicht der gesamte Verkaufswert versteuert, sondern nur der Wert der jährlich übertragenen Anteile.
  • Steuergestaltung: Die jährlichen Übertragungen können steuerlich so gestaltet werden, dass Freibeträge (z.B. bei Schenkung) optimal genutzt werden.
  • Planungssicherheit: Die Verkäufer*innen können jährlich prüfen, ob weitere Übertragungen aus steuerlichen Gründen sinnvoll sind oder der Prozess angepasst werden sollte.

Kapitalumstellung und Kapitalerhöhung: Gesellschaftsrechtliche Voraussetzung für den sukzessiven Anteilskauf

Im besprochenen Fall war das Unternehmen noch mit DM-Beträgen im Handelsregister eingetragen. Für eine moderne, praktikable Anteilsübertragung ist die Umstellung auf Euro notwendig, nicht nur aus rechtlichen, sondern auch aus abrechnungstechnischen Gründen. Die Umstellung erfolgt zum gesetzlich festgelegten Kurs von 1,95583 DM für 1 EUR. Dabei wird das Stammkapital exakt umgerechnet (z.B. 50.000 DM auf ca. 25.564,59 EUR) und anschließend im Rahmen einer Kapitalerhöhung auf einen glatten Euro-Betrag aufgerundet (z.B. 25.600 EUR).

  • Die Kapitalerhöhung wird durch Bareinlage der Gesellschafter*innen durchgeführt.
  • Erst nach Eintragung im Handelsregister ist die neue Kapitalstruktur wirksam.
  • Die Geschäftsanteile werden auf glatte Euro-Beträge aufgeteilt, um eine sukzessive Übertragung zu ermöglichen.

Die rechtliche Prüfung und notarielle Begleitung dieser Strukturmaßnahmen ist unerlässlich, um spätere Haftungsrisiken und steuerliche Stolpersteine zu vermeiden.

Vertragsdetails: Garantien, Zahlungsmodalitäten und Sicherungsmechanismen

Der sukzessive Anteilskauf verlangt von allen Beteiligten ein hohes Maß an Planungssicherheit. Die Verkäufer*innen geben Garantien ab, etwa für die Belastungsfreiheit der Anteile, die ordnungsgemäße Buchführung und die Einhaltung aller gesetzlichen Vorgaben. Die Haftung für einzelne Garantien kann zeitlich und betragsmäßig begrenzt werden. Die Käufer*innen unterwerfen sich für alle Zahlungsverpflichtungen der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde, so dass die Verkäufer*innen bei Zahlungsverzug rechtlich abgesichert sind.

Zahlungsmodalitäten und Sicherheiten

  • Kaufpreiszahlung jährlich in Raten, meist über zwölf Monate pro Anteil.
  • Beschleunigungsklauseln, falls Raten nicht gezahlt werden (Acceleration Clause).
  • Verfügungsbeschränkungen: Die Anteile dürfen bis zur vollständigen Zahlung nicht veräußert, verpfändet oder belastet werden.
  • Vertragsstrafen bei Verstoß gegen die Verfügungsbeschränkung.
  • Call Option: Falls doch sofortige Zahlung von den Nachfolgern gewünscht

Wettbewerbs- und Abwerbeverbot, Geheimhaltung

  • Die Verkäufer*innen verpflichten sich, für mehrere Jahre keine Konkurrenz zu machen und keine Mitarbeitenden abzuwerben.
  • Bei Verstoß drohen empfindliche Vertragsstrafen.
  • Geheimhaltungspflichten sichern Know-how und Betriebsgeheimnisse weit über die Vertragslaufzeit hinaus.

Praxisbeispiel: Einblicke in die Umsetzung & typische Fragestellungen

Im aktuellen Fall konnte die Familie durch die sukzessive Anteilsübertragung über 16 Jahre eine nachhaltige Unternehmensnachfolge sicherstellen, ohne das Unternehmen mit einer abrupten Steuerlast zu belasten oder unter Liquiditätsdruck zu geraten. Die Verkäufer*innen konnten weiterhin die Entwicklung der Gesellschaft begleiten und bei Bedarf steuerliche oder familiäre Anpassungen vornehmen. Die Käufer*innen profitierten von planbarer Finanzierung und konnten Schritt für Schritt in die Verantwortung hineinwachsen.

Fazit: Warum der sukzessive Anteilskauf im Einzelfall die richtige Lösung war

Zusammenfassend lässt sich sagen: Gerade im hier geschilderten Fall war der sukzessive Anteilskauf die optimale Strategie, weil er den Bedürfnissen der Familie in puncto Liquidität, Kontrolle und Steuerbelastung am besten entsprach. Er ermöglichte eine nachhaltige Unternehmensnachfolge, verhinderte Überforderung durch plötzliche Steuerzahlungen und schuf den notwendigen rechtlichen und familiären Gestaltungsspielraum. Die Kanzlei HNG Natalello empfiehlt dieses Modell immer dann, wenn familiäre, wirtschaftliche und steuerliche Interessen in Einklang gebracht werden sollen – und steht Mandant*innen dabei umfassend beratend zur Seite.

 

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