In einem aktuellen Fall hat das Team der Kanzlei HNG Natalello aus Mainz bestehend aus Rechtsanwalt Dr. Natalello und Rechtsanwältin Sinem Tükek eine Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgreich bei der Durchsetzung einer Sonderumlage vertreten.
Das Urteil des Amtsgerichts Mainz:
Der Sachverhalt
Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft, zu der zwei Gebäude, in denen sich jeweils vier Wohnungen befinden, wie auch eine Tiefgarage, auf der beide Gebäude stehen. Die Teilungserklärung des Notars sieht in § 2 der Gemeinschaftsordnung die Bildung von Untergemeinschaften vor, und zwar a) für die Tiefgarage und b) jeweils eine Untergemeinschaft für die beiden Wohngebäude mit den jeweils dazugehörigen eigenen Treppenaufgängen. Die Gesamtgemeinschaft ist (weiterhin) für alle Angelegenheiten zuständig, die die Gesamtanlage betreffen, die beiden Untergemeinschaften an den Wohngebäuden sind jeweils zuständig für die Angelegenheiten des jeweiligen betreffenden Wohnhauses ab Oberkante Kellerdecke. Die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, Erneuerung, des Betriebes und des etwaigen Wiederaufbaus trägt grds. jede Untergemeinschaft für sich, wobei innerhalb der Untergemeinschaft die jeweiligen Aufwendungen im Verhältnis der Miteigentumsenteile aufzuteilen sind. Es können dabei auch getrennte Sondereigentümerversammlungen abgehalten werden.
Die Beklagte ist Eigentümerin von zwei Wohnungen (Wohnung Nr. 7 und Nr. 8) im Haus A. Ebenfalls in Haus A befindet sich die Wohnung eines weiteren Eigentümers. Bereits mehrfach kam es zu Wasserschäden in Haus A. So drang etwa Feuchtigkeit in den Estrich der Wohnung im Erdgeschoss ein. Die Klägerin holte bereits 2019 ein Sanierungsgutachten eines Architekten ein, welcher Sanierungskosten damals für die Wohnung mit 27.426,53 € errechnete. Nach der Insolvenz des Bauträgers wurden zunächst keine Maßnahmen diesbezüglich ergriffen.
Auf der Eigentümerversammlung vom 25.1.2023 fassten die Eigentümer einen alternativen Beschluss (TOP 16, 16a, Anlage zur Anspruchsbegründung). Die Ursache für den Schaden sollte lokalisiert und im Anschluss behoben werden. Die Kosten für die anstehende Sanierung entweder dem Haus A oder der gesamten Gemeinschaft aufzuerlegen, je nachdem, wo die Ursache herrührte.74 C 24/25 – Seite 3 –
Im Verfahren 74 C 45/24 erwirkte der Eigentümer der Eigentumswohnung ein Anerkenntnisurteil gegen die Klägerin, wo im Wege der gerichtlichen Beschlussersetzung die Erhebung einer Sonderumlage in Höhe von 45.385,37 € beschlossen worden ist. Dort heißt es ferner „Die Kosten der Durchführung der Sanierung des Gebäudes werden nach den Miteigentumsanteilen verteilt, wobei der Eigentümer der Erdgeschosswohnung sich entsprechend dem Beschluss aus dem Jahr 2023 mit 50 % an den Sanierungskosten zu beteiligen hat.“ Das Urteil ist mittlerweile in Rechtskraft erwachsen. Unter Zugrundelegung des vorgenannten Kostenverteilungsschlüssels entfallen von der Sonderumlage auf die Beklagte entsprechend ihrer Miteigentumsanteile der Wohnungen 7 und 8 insgesamt 15.969,98 € (Wohnung 7: 7.286,27 € + Wohnung 8: 8.683,71 €).
Die Klägerin ist der Auffassung:
Im Rahmen des Verfahrens 74 C 45/24 habe keine Möglichkeit der Rechtsverteidigung bestanden. Die Kosten seien auch einzig und allein von Haus A zu tragen. Bereits im Sanierungsgutachten des Sachverständigen vom 14.08.2019 sei festgestellt worden, dass die Ursache des Schadens in der mangelhaften Sockelabdichtung und damit im Bereich des Gemeinschaftseigentums von Haus A liege (Inhalt des Gutachtens ist unstreitig). Der später hinzugezogene Privatgutachter habe festgestellt, dass der Schaden nicht durch eine mangelhafte Abdichtung der Tiefgaragendecke verursacht worden sei, sondern Undichtigkeiten an der Gebäudehülle des Hauses A. Die Ursache sei in einem Zusammenspiel zwischen einer gegebenenfalls unzureichenden Trocknung des Bodenaufbaus (Estrich, Betonplatte) in der Wohnung im Erdgeschoss zu sehen und Undichtigkeiten in der Gebäudehülle des Gebäudes des Hauses A. Die Ursachen lägen mithin in der alleinigen Zuständigkeit der Untergemeinschaft A, welche für alle das jeweilige Wohnhaus betreffenden Sanierungen und Instandsetzungen ab Oberkante der Kellerdecke zuständig sei. Über die Feststellungen des Gutachters sei in den Eigentümerversammlungen vom 5.8.2024 und 14.10.2025 berichtet worden. Die Beklagte habe auch Kenntnis von dem Verfahren gehabt, da der Eigentümer der Erdgeschosswohnung schon in der Eigentümerversammlung die Erhebung der Klage angekündigt habe und die Beklagte keine Einwändet mitgeteilt habe, die hätte berücksichtigt werden müssen.
Die Klägerin hat zunächst beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 15.969,98 € zu zahlen.
Unter dem 19.8.2025 ist antragsgemäß ein Versäumnisurteil gegen die Beklagte ergangen, welches dieser am 23.8.2025 zugestellt worden ist. Mit Schriftsatz vom 3.9.2025 hat sie Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
das Versäumnisurteil vom 29.08.2025 aufrechtzuerhalten.
Die Beklagte beantragt,
das Versäumnisurteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet,
sie sei erst nach Rechtskraft des Anerkenntnisurteils vom 19.12.2024 über das Verfahren informiert worden – insoweit unstreitig. Sie habe daher nie die Gelegenheit erhalten, im dortigen Verfahren ihren Standpunkt zu erklären. Das Anerkenntnis der Hausverwaltung sei willkürlich erfolgt.
Tatsächlich gebe es keinen Beschluss der Eigentümer, dass der Schaden aus dem Bereich des Gebäudes A komme. Dies sei aber Voraussetzung, um die Kosten alleine der Untergemeinschaft A aufzuerlegen. In Wirklichkeit entstamme der Schaden dem Bereich der Tiefgarage beider Häuser und es müsse der gesamte Sockel beider Häuser saniert werden.
Entscheidungsgründe
I.
Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 19.8.2025 hat den Prozess in die Lage vor der Säumnis zurückversetzt, § 342 ZPO.
II.
Die zulässige Klage ist begründet.
Die Beklagte war antragsgemäß zu verurteilen bzw. das Versäumnisurteil, das ihre Verurteilung ausgesprochen hat, war aufrechtzuerhalten. Die Beklagte ist gemäß §§ 19 Absatz 2 Nr. 4, Nr. 5 WEG verpflichtet, die Sonderumlage in beantragter Höhe an die Klägerin zu entrichten.
Der gerichtliche, an Stelle der Wohnungseigentümer gefassten Beschluss des Gerichts durch Anerkenntnisurteil vom 19.8.2025, ist in Rechtskraft erwachsen. Er entfaltet dieselben Wirkungen wie ein von den Wohnungseigentümern gefasster und in Bestandskraft erwachsener Beschluss.
Er ist von der Verwaltung umzusetzen.
Rechtsmittel gegen ein rechtskräftiges Urteil stehen nur in sehr begrenztem Maße zur Verfügung.
Ein Urteil ist dabei aber nie per se nichtig und damit nicht zu berücksichtigen, sondern es sind vielmehr gesonderte Wiederaufnahmeverfahren zu betreiben, konkret eine Nichtigkeitsklage nach § 579 ZPO oder eine Restitutionsklage nach § 580 ZPO. Erst nach Durchführung des Verfahrens wird über eine mögliche Durchbrechung der Rechtskraft entschieden. Ein solches Verfahren ist hier bereits nicht durchgeführt worden, so dass das Urteil und damit auch der darin enthaltene Beschluss zwingend zu berücksichtigen ist. Selbst wenn das Anerkenntnisurteil unter schwerwiegenden Fehlern litte (was aber nicht der Fall ist, zu verklagen ist zwingend immer die Gesamtgemeinschaft, nie eine unselbständige Untergemeinschaft) ist das Urteil wirksam.
Die Beklagte kann mithin mit ihren nunmehr vorgebrachten materiell-rechtlichen Einwendungen nicht gehört werden.
Dass die Berechnung der Sonderumlage dem gefassten Beschluss entspricht ist unstreitig.
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